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Mein Partner, meine Partnerin schweigt. Ein Wegweiser für den Umgang mit der Stille in der Beziehung

  • Autorenbild: irismuelle6
    irismuelle6
  • 4. Nov.
  • 3 Min. Lesezeit

Je mehr einer schweigt, desto mehr versucht der andere die Worte aus dem Partner rauszudrücken. Warum das nicht funktioniert erklärt Paarberaterin Iris Müller.
Je mehr einer schweigt, desto mehr versucht der andere die Worte aus dem Partner rauszudrücken. Warum das nicht funktioniert erklärt Paarberaterin Iris Müller.

Kennen auch Sie dieses Gefühl: Man sitzt dem Partner gegenüber, möchte ein Thema besprechen oder eine Auseinandersetzung klären – doch die Reaktion bleibt aus. Statt Worten gibt es nur Schweigen. Für den, der reden will, ist das eine zutiefst verunsichernde Erfahrung. Es fühlt sich an, als würde man ignoriert, zurückgewiesen und im Stich gelassen. Doch was steckt hinter dieser Mauer des Schweigens und wie können Sie konstruktiv damit umgehen?

 

Warum schweigt mein Partner? Die verschiedenen Gesichter der Stille

Bevor Sie mit Anschuldigungen oder Vorwürfen reagieren, ist es entscheidend, die möglichen Gründe für das Schweigen zu verstehen. Das Totschweigen von Problemen kann verschiedene Ursachen haben:

  • Überforderung: Manchmal ist die emotionale Last eines Konflikts so gross, dass eine Person einfach nicht mehr weiss, wie sie ihre Gefühle in Worte fassen soll. Sie zieht sich in sich selbst zurück, um sich vor weiteren Verletzungen zu schützen.

  • Vermeidungsstrategie: Manchen Menschen fällt es schwer, sich Konflikten zu stellen. Schweigen wird dann als eine Art Schutzschild genutzt, um die unangenehme Konfrontation zu umgehen.

  • Strafendes Schweigen ("Silent Treatment"): In toxischen Dynamiken kann Schweigen bewusst als Waffe eingesetzt werden, um dem Partner Schmerz zuzufügen oder ihn zu manipulieren. Dies ist eine besonders destruktive Form des Schweigens, die die Beziehung nachhaltig schädigt.

  • Emotionale Distanz: Wenn das Schweigen dauerhaft wird und die emotionale Verbundenheit nachlässt, kann es ein Alarmzeichen dafür sein, dass sich die Partner voneinander entfremden.


So reagieren Sie konstruktiv auf die Stille

Die Art und Weise, wie Sie auf das Schweigen reagieren, entscheidet massgeblich über den weiteren Verlauf der Situation. Anschuldigungen und Druck führen meist nur zur Eskalation. Probieren Sie stattdessen folgende Ansätze:

  1. Geben Sie Raum und Zeit: Die spontane Reaktion ist oft, auf den Partner einzureden. Doch gerade wenn er überfordert ist, braucht er Abstand, um sich zu beruhigen und seine Gedanken zu sortieren. Sagen Sie ihm, dass Sie das Gespräch gerne fortsetzen möchten, wenn er bereit dazu ist.

  2. Hinterfragen Sie die Ursache des Schweigens: Ist das Schweigen eine neue Verhaltensweise oder ein altes Muster? Hat es etwas mit einer bestimmten Situation zu tun? Oft ist es hilfreich, die Situation zu analysieren, bevor man handelt.

  3. Wählen Sie einen besseren Zeitpunkt: Das Schlafzimmer vor dem Einschlafen oder das Auto im Stau sind denkbar schlechte Orte für ein ernsthaftes Gespräch. Fragen Sie nach einem geeigneten Zeitpunkt und Ort, an dem sich beide wohlfühlen.

  4. Sprechen Sie über Ihr eigenes Gefühl: Statt zu sagen "Warum redest du nicht mit mir?", versuchen Sie es mit einer Ich-Botschaft: "Ich fühle mich hilflos und allein, wenn du schweigst. Es macht mir Angst, weil ich nicht weiss, was in dir vorgeht."

  5. Bleiben Sie geduldig, aber setzen Sie Grenzen: Zeigen Sie Verständnis für die Not des Partners, aber machen Sie auch klar, dass dieses Verhalten für Sie nicht akzeptabel ist. Formulieren Sie Ihre Bedürfnisse ohne Vorwürfe und erklären Sie, warum Ihnen der Austausch so wichtig ist.

  6. Seien Sie sich der Dynamik bewusst: Manchmal entsteht eine Spirale, in der der eine immer lauter wird, je mehr der andere schweigt. Versuchen Sie, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, indem Sie aktiv innehalten und die Situation deeskalieren.

Wann es Zeit für professionelle Hilfe ist

Wenn das Schweigen ein Dauerzustand ist, sich nichts ändert oder Sie das Gefühl haben, in einer toxischen Dynamik gefangen zu sein, kann eine Paarberatung der richtige Schritt sein. Ein unparteiischer Dritter kann helfen, die Mauern des Schweigens einzureissen und die Kommunikation wieder in Gang zu bringen. Es ist kein Zeichen von Scheitern, sondern von Mut, wenn man sich entscheidet, gemeinsam an der Beziehung zu arbeiten und den Dialog wieder zu finden.

Das Schweigen des Partners ist eine Herausforderung, aber kein unüberwindbares Hindernis. Indem Sie lernen, die dahinterliegenden Emotionen zu verstehen und mit Empathie und klaren Grenzen zu reagieren, können Sie einen Weg finden, die Stille zu durchbrechen und die Verbindung wiederherzustellen.

Ein Schweigen bedeutet nicht Nein zu Ihrem Anliegen, sondern wahrscheinlich Ja zu etwas anderem.

 

 
 
 

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